Bericht von OTV über das Krebshege-Projekt
Heimische Krebse
Wohl jeder im Landkreis Amberg-Sulzbach und in der Stadt Amberg kennt unsere beiden im Naturpark Hirschwald liegenden Fließgewässer Vils und Lauterach. Ob beim Spazierengehen und Radfahren, vom Wasser aus mit dem Kanu oder gar beim Angeln - jeder genießt diese beiden Gewässer auf seine eigene Weise. Was sich jedoch unter anderem darin verborgen hält, fällt nur dem aufmerksamen Beobachter auf: „Krebse, hunderte, ja tausende von Flusskrebsen!“
Unerfreulicherweise handelt es sich bei der hauptsächlich zu beobachtenden Art aber nicht um unsere einheimischen Krebse Edelkrebs und Steinkrebs. Leider sind es mittlerweile in der Regel Amerikanische Signalkrebse sowie mitunter Galizier-, Kamber- und Marmorkrebse, die sich zunehmend in unseren Gewässern tummeln.
Auf den ersten Blick ist das nicht weiter schlimm. Schaut man jedoch genauer hin, ergibt sich ein ganz anderes Bild. Alle genannten Krebsarten sind Laichräuber und dezimieren nicht nur Fischbestände und vor allem auch Amphibien. Es ist auch festzustellen, dass Krebse als Allesfresser Pflanzenmasse, z. B. Laichkraut, in nicht unerheblichem Maße reduzieren, was wiederum zu Lasten der Fische und Amphibien geht.
Der wohl gravierendste Aspekt ist jedoch, so Naturpark-Ranger Christian Rudolf: „Nichtheimische Krebsarten wie der Signalkrebs sind Träger der Krebspest, einer für einheimische Krebse letztlich tödlichen Pilzerkrankung. Der Signalkrebs wiederum ist gegen die Krebspest weitestgehend resistent, trägt aber in hohem Maß zur Verbreitung dieser Krankheit bei. Der Erreger wurde durch das Einbringen amerikanischer Flusskrebsarten in Europa eingeschleppt. Der invasive Pilz ist dabei, die einheimischen Krebse, insbesondere den Edelkrebs und den Steinkrebs, in ihrem angestammten Lebensraum weitgehend auszurotten. Die Krebspest stellt als Tierseuche ein generelles Gefährdungspotenzial für unsere heimischen Krebse dar.“
Frau Isabel Lautenschlager, Geschäftsführerin des Naturparks Hirschwald: „Das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet Lauterach ist Bestandteil des europäischen Naturschutz-Netzwerks Natura 2000. Für jedes FFH-Gebiet gibt es einen Managementplan. Laut einer Studie für den Managementplan des FFH-Gebiets „Lauterachtal“ (Regierungsbezirk Oberpfalz) können erfreulicherweise immer noch Steinkrebsvorkommen in den Oberläufen der Lauterach verzeichnet werden. Aber auch Edelkrebse werden wohl von Fischereiberechtigten immer wieder beobachtet.“
Daraus ergibt sich eine weitreichende Problematik. Unsere einheimischen Vertreter Steinkrebs und Edelkrebs sind, anders als ihre amerikanischen Verwandten, nicht resistent gegen die Krebspest, und würden, soweit man nicht eingreift, nach und nach verschwinden.
Laut dem Fachbeitrag für den Managementplan der Lauterach sind von den Fischereiberechtigten geeignete Maßnahmen v.a. hinsichtlich der Signalkrebse zu treffen. So hat eine Umsiedlung oder ein Besatz mit Signalkrebsen zu unterbleiben. Weiterhin dürfen gefangene Signalkrebse nicht mehr ins Gewässer zurückgesetzt werden und müssen verwertet werden.
Ein Problemfeld, das die hiesigen Fischereivereine schon lange auf dem Schirm hatten. Schließlich sind Signalkrebse nicht nur bei uns im Landkreis, sondern in der ganzen Oberpfalz vorhanden. Aber was tun? Hier kam der Naturpark Hirschwald mit seinem Naturpark-Ranger Christian Rudolf ins Spiel. Dieser hatte, selbst auch Angelfischer und Kanufahrer, die Problematik auch schon vor seiner Zeit als Ranger über mehrere Jahre erfasst und dies auch im eigenen Fischereiverein angesprochen.
Daraus entstand die Idee eines vereinsübergreifenden Projektes innerhalb des Naturparks Hirschwald zum Monitoring von Krebsarten, woraus sich in Zukunft hoffentlich auch Maßnahmen zur Lebensraumerhaltung und -schaffung für unsere einheimischen Arten Edel- und Steinkrebs ergeben können.
In einem ersten Schritt wurden alle Fischereivereine und die Lauterachgenossenschaft (eine Vereinigung privater Fischereirechtsbesitzer) über das Vorhaben des Naturparks informiert. Erfreulicherweise haben sich alle, der Fischereiverein Amberg mit seinem Vorsitzenden Tim Jüntgen, der Fischereiverein Rieden mit seinem Vorsitzenden Dieter Teich, der Fischereiverein Schmidmühlen mit seinem Vorsitzenden Josef Deml sowie die Lauterachgenossenschaft mit ihrem Vorsitzenden Alfred Kürzinger, gerne bereiterklärt, maßgeblich an diesem Projekt mitzuwirken.
Das Projekt fußt auf mehreren Säulen. Zunächst sind da die für das Monitoring notwendige Anschaffung von 200 Reusen für den Fang, sowie eine Schulung der mit dem Fang Beauftragten zur Artenbestimmung. Diese ist vereinsübergreifend für alle Beauftragten Pflicht.
Hier ist Herr Robert Scherer, Gewässerwart des Fischereivereins Rieden und Mitglied der Lauterachgenossenschaft, zu nennen, der in enger Abstimmung mit dem Naturpark Hirschwald die Schulung der Fänger und Fängerinnen übernommen hat: „Es ist sehr wichtig, dass die registrierten Beauftragten nochmals geschult werden. Alle Teilnehmer haben natürlich einen gültigen Fischereischein, sind Mitglieder einer der beteiligten Vereine und haben das alles schon einmal in ihrer Fischereiprüfung gelernt. Unsere Schulung ist jedoch speziell für die zuverlässige Artenerkennung und den Umgang mit den Reusen konzipiert.“
In Abstimmung mit der Höheren Naturschutzbehörde an der Regierung der Oberpfalz wurde das Projekt beantragt und bewilligt. Wesentlich beteiligt an Organisation und Öffentlichkeitsarbeit, wie zum Beispiel spezifischen Führungen, ist auch Frau Manuela Madsen vom Fischereiverein Schmidmühlen. Frau Madsen dazu: „Es ist für uns von großer Bedeutung, mit dem Projekt auch die Akzeptanz der Bürger zu erhalten.“
Herr Max Marr, 1.Gewässerwart des Fischereivereins Amberg, bringt sich ebenfalls in vielfältiger Weise ein: „Es ist schön, den Schulterschluss über die Fischereigrenzen hinweg zu erfahren. Erst so wird ein solches Projekt überhaupt möglich.“
Der Naturpark-Ranger organisiert die registrierten und geschulten Beauftragten und erfasst die Fänge. Nicht zu vergessen ist die große Anzahl von Fängern und Fängerinnen, ohne die dieses Projekt gar nicht möglich wäre, und die einen guten Teil ihrer Freizeit für dieses Projekt opfern.
Das Ziel des Projektes ist es, durch das Monitoring alle vorhandenen Krebsarten über einen längeren Zeitraum zu erfassen. Dabei werden gefangene Edel- und Steinkrebse wieder ins Gewässer zurückgesetzt. Gefangene nichtheimische Arten wie der Signalkrebs dürfen nach geltendem Recht nicht wieder ins Gewässer eingebracht werden und müssen einer sinnvollen Verwertung zugeführt werden (in diesem Fall Eigenverwertung / Verzehr durch die Beauftragten). Dabei ist die einzig derzeit rechtlich zulässige Tötungsmethode das Eintauchen in kochendes Wasser.
Ein positiver Nebeneffekt des Monitorings ist dabei aber eben auch die Entnahme der nichtheimischen Krebsarten. So hoffen die Projektverantwortlichen, den Migrationsdruck v.a. der Signalkrebse in die Lauterach nachhaltig zu mindern und den heimischen Krebsen Luft zu verschaffen in ihrem angestammten Lebensraum. Die durch das Monitoring erhobenen Daten werden den Vereinen zur Verfügung gestellt, sind aber natürlich auch an die Naturschutzbehörden zu melden.
Der Naturpark Hirschwald hofft und setzt dabei auch auf die Mithilfe der Bevölkerung. Naturpark-Ranger Christian Rudolf dazu: „Bitte nehmen Sie keine Reusen aus dem Wasser oder entwenden diese gar. Es handelt sich dabei nicht um eine Vermüllung des Gewässers, sondern um ein Naturschutzprojekt von wesentlicher Bedeutung. Leider muss ich sagen, dass schon Reusen gestohlen wurden, was wir der Polizei gemeldet haben. Jeden Diebstahl oder Vandalismus werden wir zur Anzeige bringen. Alle Reusen sind eindeutig markiert und werden von den Beauftragten teilweise sogar mehrmals täglich kontrolliert. Wir achten sehr darauf, dass alles im Rahmen des geltenden Tierschutzgesetzes vollzogen wird. Außerdem sind sowohl alle Fischereivereine aber natürlich auch der Naturpark Hirschwald willens für weitere Aufklärung zu sorgen. Geplant sind deshalb Führungen für die interessierte Öffentlichkeit.“
Abschließend muss gesagt werden, dass das Setzen von Reusen dem Fischereirecht unterliegt (nicht jeder darf einfach Reusen in ein Gewässer einbringen) und dass bei dem Projekt durch die Fischereivereine oder durch den Naturpark Hirschwald kein finanzieller Profit generiert wird. Der eigentliche Gewinn des Projekts ist letztlich, wenn unsere heimischen Flusskrebsarten durch diese gezielte Hegemaßnahme ein gutes Stück ihres ursprünglichen Lebensraums wiedererlangen.
Wir hoffen, so Projektleiter Rudolf, mit der Maßnahme eine Art Leuchtturmprojekt zu schaffen. So ist es wünschenswert, wenn sich noch andere Fischereiberechtigte außerhalb des Naturparks dem Projekt anschließen oder auch Fischereiberechtigte anderer Regionen davon profitieren.
Auch der Obmann der Angelfischer des Fischereiverbands Oberpfalz, Herr Hans-Hermann Lier, begrüßt das Projekt sehr und beobachtet es gespannt hinsichtlich der Übertragbarkeit auf andere Gewässer der Oberpfalz.