Weißtanne

Lateinischer Name

Abies alba (Mil.)

Namensbedeutung

Bereits der römische Naturforscher Plinius erwähnt den Namen „abies“. „alba“ = lat. weiß und bezieht sich auf die weißlich-graue Borke.

Tanne geht auf das alte Wort „tan“ zurück, das ganz allgemein einen Wald oder Forst bezeichnet.

Baum/Strauch

Baum

Fremdländisch/einheimisch

einheimisch

Laub-/Nadelholz

Nadelholz

Blattform

Nadeln 1,5 bis 3 cm lang, 2 bis 3 mm breit, stumpf, dunkelgrün mit zwei weißen Streifen auf der Unterseite

Rinde

silbergrau bis weißgrau, in eckigen Schuppen zerreißend

Blüte

getrenntgeschlechtlich, einhäusig.

Männliche Blüten walzenförmig, meist nach unten gerichtet, gelblich am Grund mit zahlreichen, bräunlichen Schuppen.

Weibliche Blütenstände zylindrisch, hell bis rotbraun, nach der Reife zerfallend. April bis Juni

Frucht

Rötlichbrauner walzenförmiger Zapfen. Dessen Spindel bleibt aufrecht stehen („es gibt keine Tannenzapfen am Boden“), 10 bis 16 cm lang, 3 bis 4 cm breit

Wuchsform

Baum mit kegelförmiger, im Alter gerundeter, sog. Storchennestkrone.

Höhe

Bis zu 60 m

Alter

600 Jahre

Standort

Auf nährstoffreichen, mittel- bis tiefgründigen frischen, humosen, gut durchlüfteten und drainierten, aber auch staunassen, kühlen Lehm- und Tonböden; auf basischem bis mäßig saurem Gestein in luftfeuchter, niederschlagsreicher, sommerwarmer und spätfrostgeschützter Klimalage. Vorwiegend in Höhenstufen von 400-1000m.

Holz verwendet zu…

Werk- oder Bauholz, Möbel, Zellstoff- und Papierindustrie, Faserplatten, Instrumente, Schindeln. Im Gegensatz zu Fichtenholz harzt Tannenholz nicht.

Sonstige Teile verwendet zu…

Durch Anschneiden der Rinde wurde früher in den Vogesen Balsam, eine Mischung aus Harz und ätherischen Ölen gewonnen, das als „Straßburger Terpentin“ im Handel war.

Wichtige Schädlinge

Verbiss durch Reh, Fegeschäden durch Rehwild und Schälschäden durch Rotwild.

Tannentrieblaus (Mindarus abietinus).

Tannenkrebs hervorgerufen durch den Rostpilz Melampsorella caryophyllacearum, bildet sogenannte Hexenbesen.

Tannenmistel Viscum album ssp. abietis schwächt die Wirtsbäume.

Kulturhistorische Infos

Obwohl der Christbaum als Tannenbaum benannt und besungen wird, handelte es sich dabei doch meistens um eine Fichte, zumindest bevor es Christbaumplantagen gab.

Der erste schriftlich belegte Weihnachtsbaum stand 1539 im Straßburger Münster. 1561 durfte im Elsass jeder Bürger eine acht Schuh lange Tanne fällen. Geschmückt wurden sie damals noch ohne Kerzen mit Papierfiguren, Äpfeln und Zuckerwerk.

Das Lied „Oh Tannenbaum“ ist ursprünglich kein Weihnachtslied, aber seit bald 200 Jahren aufs engste mit Weihnachten verbunden

Sagen und Mythen

Im Märchen „Das kalte Herz“ von Wilhelm Hauff steigt ein Köhler auf den Tannenbühl und beschwört den Geist, das Glasmännlein oder Schatzhauser, der Sonntagskindern drei Wünsche gewährt: „Schatzhauser im grünen Tannenwald, bist schon viel hundert Jahre alt. Dein ist all Land, wo Tannen stehn, lässt dich nur Sonntagskindern sehn.“

Naturschutzfachliches

Als Schattenkeimer wichtiger Bestandteil von Mischwäldern.

An der Tanne leben zahlreiche Tierarten. So suchen z.B. die Tannen- und Haubenmeise die Zweige nach Insekten ab. Die Weißtanne wird in der Roten Liste für Deutschland insgesamt als „gefährdet“ (Arten, die merklich zurückgegangen oder durch laufende bzw. absehbare menschliche Einwirkungen bedroht sind), in Bayern auf der „Vorwarnliste“ (Arten, die merklich zurückgegangen sind, aber aktuell noch nicht gefährdet sind. Bei Fortbestehen von bestandsreduzierenden Einwirkungen ist in naher Zukunft eine Einstufung in die Kategorie „Gefährdet“ wahrscheinlich).

Klimaprognose

Die für den Wuchs der Tanne benötigten höheren Temperaturen können sich im Zuge des Klimawandels positiv auf die Verbreitung der Weißtanne auswirken. Allerdings hat die Weißtanne auch einen hohen Wasserbedarf, der mit den vergangenen Dürresommern kaum vereinbar ist.

Die Tanne ist gut verankert und wird deshalb weniger als andere Bäume vom Sturm geworfen.

Baum des Jahres

2004

Naturheilkunde

Das ätherische Öl der Weißtanne hat schleimlösende, auswurffördernde, antimikrobielle und hautreizende bzw. lokal durchblutungsfördernde Eigenschaften. Man verwendet es zu Inhalationen bei Erkrankungen der Atemwege, in Erkältungsbalsamen, zu Einreibungen und Bädern auch bei rheumatischen Beschwerden, Durchblutungsstörungen und Verspannungszuständen, in Körperpflegemitteln. Das Harz wird seit alters her vor allem in den Vogesen zu „Straßburger Terpentin“ destilliert, das bei Verstauchungen und Quetschungen gute Dienste leisten soll.

Pfarrer Kneipp empfahl Lehrern, Predigern und Sängern den Tee von grünen Tannenzapfen zu trinken, um die Stimmbänder geschmeidig zu halten.

Verwendung in der Küche

 

Naturparkspezifisch

Im Hirschwald gibt es noch vereinzelt Einzelexemplare oder kleine Gruppen von Weißtannen als Altbäume. In vergangenen Jahrhunderten dürften sie noch häufiger gewesen sein. Das belegt z. B. der überwiegend aus Tannenholz gebaute Dachstuhl des ehemaligen Klosterrichterhauses in Ensdorf aus dem 17. Jh.

Schon gewusst?

„Tannenzapfen“ findet man niemals am Boden. Das sind immer Fichtenzapfen. Denn der Zapfen der Tanne zerfällt bereits am Baum, die Samen fallen zu Boden und die Spindel bleibt aufrecht am Ast stehen.

Literarisch

-        O Tannenbaum

-        Wilhelm Hauff

Die Straßburger Tanne
Bei Straßburg eine Tanne
Im Bergforst, alt und groß, Genannt bei jedermanne
Die große Tanne bloß,
Ein Rest aus jenen Tagen,
Als dort noch Deutschland lag;
Die ward nun abgeschlagen
An diesem Pfingstmontag.
 

Da kamen wie zum Feste
Zusammen fern und nah'
In ganzen Scharen Gäste,
Und sahn das Schauspiel da.
Sie jauchzeten mit Schalle,
Als niedersank ihr Kranz,
Und hielten nach dem Falle
Im Forsthaus einen Tanz.
 

Hat einer wohl vernommen,
Was, als die Wurzel brach,
Im Herzen tief beklommen
Zuletzt die Tanne sprach?
Ein Widerhall vernahm es,
Der trug von Ziel zu Ziel
Es weiter, und so kam es
Hier in mein Saitenspiel.
 

So sprach die alte Tanne:
Ich stehe nun der Zeit
Hier eine lange Spanne
In dieser Einsamkeit,
Von dieses Berges Gipfel
Mich streckend in die Luft;
Es webt um meine Wipfel
Noch der Erinn'rung Duft.
 

Ich sah in alten Zeiten
Die Kaiser und die Herrn
Im Lande ziehn und reiten;
Wie liegt das heut so fern!
Da mocht' ich wohl mit Rauschen
Sie grüßen in der Nacht,
Und mit den Winden tauschen
Gespräch von deutscher Macht.
 

Dann kam die Zeit der Irrung,
Des Abfalls in das Land,
Voll schmählicher Verwirrung,
Da ich gar traurig stand;
Es klirrten fremde Waffen,
Es zuckte mir durchs Mark,
Ich sah die Zeit erschlaffen,
Und blieb kaum selber stark.
 

Den Himmel sah ich säumen
Ein neues Morgenrot,
Es scholl aus fernen Räumen
Der Freiheit Aufgebot;
Ich sah auf alten Bahnen
Die neuen Deutschen gehn,
Die lang entwohnten Fahnen
Vom Rheinstrom her mir wehn.
 

Da schüttelten die Winde
Mein altes Haupt im Sturm;
Vor Schreck entsank der Rinde,
Der sie genagt, der Wurm:
Nun werden deutsch die Gauen,
Vom Wasgau bis zur Pfalz;
Und wieder wird man bauen
Hier eine Kaiserpfalz.
 

Doch als das große Wetter
Eilfertig, ohne Spur,
Wie Windeshauch durch Blätter,
Dahier vorüberfuhr: -
Mein Wipfel ist geborsten,
Es wird nicht mehr der Aar
In diesen Forsten horsten,
Der meine Hoffnung war.
 

Lebt, Adler, wohl und Falken!
Ich fall' in Schmach und Graus,
Und gebe keinen Balken
Zu einem deutschen Haus;
Man wird hinab mich schleppen,
Und drunten aus mir nur
Versehn mit neuen Treppen
Mairie und Präfektur.
 

Doch, jüngre Waldgeschwister,
Ihr hauchet frischbelaubt
Teilnehmendes Geflister
Um mein erstorb'nes Haupt;
Euch alle sterbend weih' ich
Zu schönrer Zukunft ein,
Und also prophezei' ich,
Wie fern die Zeit mag sein:
 

Einst einer von euch allen,
Wenn er so altergrau
Wird, wie ich falle, fallen,
Gibt Stoff zu anderm Bau,
Da wohnen wird und wachen
Ein Fürst auf deutscher Flur;
Dann wird mein Holz noch krachen
Im Bau der Präfektur.
 

Friedrich Rückert